Ganz früh am Morgen sind schon zwei Boote flussaufwärts gefahren. Wahrscheinlich wollten die Männer, die darin saßen Lachse angeln, Bären jagen oder Gold schürfen... oder was Männer sonst so tun...
Von Varzuga sind es 137 km bis zum nächsten größeren Ort (Umba 5500 Einwohner). Bis zur nächsten Stadt (Kandalakscha 36000 Einwohner) sind es 246 km.
Wir haben uns den Ort noch einmal in Ruhe angeschaut.
Wir sind auf den Berg hoch gegangen. Von oben hat man eine schöne Aussicht.
Der Friedhof von Varzuga
Dann sind wir die vielen Stunden auf der Schotterpiste wieder zurückgefahren....
Unterwegs haben wir uns in Umba den alten Teil des Ortes angeschaut.
Ab Kandalakscha ging es wieder weiter auf der Hauptstraße Richtung Norden...
26.09.
Das Ziel der Reise: Murmansk!
Zuerst sind wir durch die Stadt bis zu Aljoscha auf den Berg gefahren (Aljoscha wacht über Murmansk, so wie Jesus über Rio).
Dort oben hat man einen sehr guten Ausblick über die ganze Stadt und den Hafen.
Danach sind wir runter in den Hafen gefahren.
Wir hatten Glück. Es startete grade eine Führung in der Lenin, dem weltweit ersten Atom-Eisbrecher (Baujahr 1957). Die Führung für die 10 Teilnehmer war nur auf Russisch, aber ein netter Russe übersetzte uns some things auf Englisch, als er gemerkt hat, dass wir kein Wort Russisch verstehen. Das Schiffsinnere war eine perfekte fünfziger Jahre Ausstellung.
Durch zwei kleine Fenster konnte man auch in den Reaktorraum gucken.
Noch mehr von Murmansk...
Wir haben dann in einem riesigen Supermarkt noch Hähnchen zum Abendbrot und Alkohol für den Vorrat gekauft. Dann ging es Richtung Grenze.
Der Verkehr ließ komplett nach. Die Straße war immer noch gut und die Landschaft weiterhin toll.
Bei 119.560 km haben wir um 19 Uhr die Russisch-Norwegische Grenze erreicht.
Die Ausreise aus Russland:
Erst mussten wir in das Häuschen gehen und Zoll und Ausweiskontrolle durchlaufen. Danach schauten sie ins Auto...
Werner hatte sich in Litauen, Lettland und Estland und auch in Russland immer verschiedene Biere zum probieren gekauft und irgendwo hingelegt oder mal eins getrunken. Am Nachmittag hatten wir in
Murmansk noch mal zwei Flaschen Wodka - oder waren es drei - gekauft. Außerdem zum Probieren zwei Flaschen Wein. Und Pivo... Tja, und außerdem war auch noch der Wein aus Deutschland, den wir noch
nicht getrunken hatten, irgendwo verstaut. Man kennt ja Werners Vorratshaltung.
Nun ja.... nach den ersten paar verschiedenen Flaschen Bier fingen sie an, genauer zu gucken und durchsuchten alles. Wir erklärten, dass der Wein aus Deutschland ist. Sie guckten und zählten und
guckten und zählten. Es sah ja auch zu lustig aus, denn außer dem Wein aus Deutschland war kaum eine der vielen Flaschen doppelt vorhanden. Mittlerweile waren insgesamt fünf Leute dabei zu
zählen. Ok. Nach ca. einer halben Stunde des Zählens durften wir pro Person fünf Liter auswählen, inklusive dem deutschen Wein, der galt nicht als deutsch. Der Rest musste verzollt werden oder
was auch immer. Im Beisein von drei Leuten machten wir Flaschen-Grüppchen und packten unsere Liter ein (ich packte gleich wieder drei Flaschen nach vorne ins Auto, der Rest kam wieder hinten in
die Kisten). Dann kam der Boss noch einmal. Er wollte auch noch mal Grüppchen machen. Dadurch, dass ich jetzt schon was nach vorne ins Auto gestellt habe, was er aber nicht wusste, zählte er zu
wenig und packte deshalb wieder ein paar Pivo Flaschen zu unserem Haufen dazu. Eine Flasche hat er umgeworfen. Die ging kaputt. Im Endeffekt waren es sechs Flaschen Bier, die zu viel waren....
sechs Flaschen Bier! Ein paar der fünf Grenzer waren schon am lachen und haben gefragt, ob das eine Bier Kollektion ist. Aber der Boss ließ uns wieder mit ins Häuschen kommen. Dort fotografierte
er die sechs Bierflaschen von ALLEN Seiten MEHRFACH, einzeln und als Gruppe. Danach verschwand er mit Werners Papieren. Nach einer ewigen Zeit kam er wieder mit einem Stapel Papiere, die Werner
unterschreiben musste. So viele Unterschriften hat er sein Lebtag noch nicht auf einmal machen müssen. Das dauerte bis ca. 20 vor 10 Uhr (also zwei und eine dreiviertel Stunde).
Der Grenzer wurde immer netter zu ihm und... er musste gar nichts zahlen, alles ok... und der Grenzer meinte zum Schluss nur, dass das in Russland lediglich ein kleines Problem wäre. In
Norwegen wäre es ein viel größeres.
Ok. Viertel vor zehn (bzw. in Norwegen viertel vor neun) kamen wir dann an der norwegischen Grenze an. Die Grenzer waren supernett und sagten: „Welcome back to civilization!“ und erzählten
uns, dass wir Glück haben und die Grenze gleich zu macht. Danach guckten sie ins Auto und sagten, dass wir Fleisch und Schinken aus Russland wegschmeißen müssten. Dann guckten sie weiter.
Mittlerweile hatte ich den Wodka, der mehr war, als die fünf erlaubten Liter in der Dreckwäsche und zwischen den Handtüchern versteckt. Dort hatte bisher nie einer richtig gesucht gehabt. Sie
haben sie allerdings natürlich gefunden! Aber... es war zehn Minuten vor Feierabend und der Typ sagte einfach nur: „It’s ok!“ und der Schlagbaum öffnete sich!
Dann waren wir in Norwegen, in der Zivilisation.
Nie wieder werden wir so naiv einfach unsere Alkohol Vorräte so offen platzieren ohne vorher nachzuzählen. Das war wirklich dumm. Und wenn die Grenze nicht grade hätte schließen wollen,
hätten die norwegischen Zöllner bestimmt besser zählen können als die Russen. Da bin ich mir sicher. Und das hätte wahrscheinlich teuer geendet.
Ja... und unser Fazit nach acht Tagen und 2718 Kilometern Russland?
Viele Vorurteile haben sich nicht bestätigt. So sind z.B. die Fernstraßen super ausgebaut. Es gibt auch nicht an jeder Ecke Soldaten mit Kalaschnikows, die einen kontrolliert haben. Wir
hatten auf der gesamten Strecke nur zwei Kontrollen, beide kurz vor Kirkenes (einmal vor dem Beginn von Militär Gebieten und einmal kurz vor der Grenze). Man kann sich völlig ungestört und
frei überall bewegen, genau wie in der EU. In den Städten gibt es große Supermärkte mit Komplett-Sortiment.
Die Straßen abseits der Hauptverbindungsstraßen sind allerdings in einem erbärmlichen Zustand, ebenso sehr viele Gebäude. Es sieht oft so aus wie „Ostzone im Jahr 1975“.
Die Menschen, die wir getroffen haben, waren meistens sehr zurückhaltend und haben uns größtenteils einfach ignoriert oder nur aus den Augenwinkeln beobachtet. Wenn man allerdings Kontakt
hatte, waren sie immer freundlich und nett. Englisch spricht kaum jemand. Einmal wurde Werner von einem Russen angesprochen, der ihm mit Händen und Füßen erklärt hat, dass es schön ist, dass
wir als Deutsche nach Russland kommen können und dass die Welt zusammen wächst. Dann hat er sich mit Handschlag verabschiedet.
Angst hatten wir nie. Nur die ganze Zeit so ein flaues Gefühl, dass irgendwas passieren „könnte“, also das Auto kaputt gehen könnte, wir einen Unfall hätten usw. Zwei Tage lang sprang die
BigBox nur zögerlich an. Wir vermuten, dass es am Diesel lag. Der kostete allerdings überall nahezu gleich viel und wir haben nicht den billigsten getankt.
Alles in allem war es ein tolles Abenteuer und hat super viel Spaß gemacht, vor allem auch wegen der grandiosen Landschaft.
Спасибо, Россия
27.09.
Wir haben nach der ganzen Aufregung eine ruhige Nacht in Kirkenes gehabt. Am Morgen legte ein Schiff der Hurtigroute an.
Es ging weiter nach Finnland (119.632 km, halb zwölf Uhr finnischer Zeit).
Nach einem Tag Fahrt durch Finnland fehlt mir der wilde russische Wald schon richtig.... Hier ist alles so anders, eben "zivilisiert". Selbst der Wald sieht hier völlig anders aus... schön, aber eben nicht mehr "wild"! Hier gibt es auch keine Bären mehr, dafür überall Rentiere.
Und dieses Auto, das fehlt mir auch.... ist das nicht süß? Das ist der UAZ-452. Was für ein blöder Name für so ein knuffiges Auto.
PS: Im russischen Volksmund wird es "Buchanka", also Brotlaib genannt. Das passt besser!
28.09.
Wir überquerten zum vierten Mal den Polarkreis (auf dem Abstecher nach Varzuga haben wir ihn auf der Hin- und Rückfahrt auch jeweils einmal überquert).
Überall gibt es hier Rentiere, in Herden oder einzeln versprengt.
Eigentlich wollten wir im Oulanka NP den Karhunkierros Trail wandern. Aber als wir auf den Parkplatz kamen und die vielen Autos und Menschen sahen, hatten wir keine Lust mehr.
Wir fuhren weiter auf der E5 Richtung Süden. Dort steht plötzlich neben der Straße wie dahingezaubert das nahezu tausendköpfige "stille Volk". Der Künstler Rejko Kela hat es "erschaffen" und nachdem es schon an einigen anderen Orten stand, hat es seit 1994 hier an dieser Stelle seinen Platz gefunden.
Eingekleidet wird das Volk zweimal jährlich von der Jugendwerkstatt Suomussalmi mit Kleidern aus Kleidersammlungen.
Der Künstler gibt auf die Frage, was das "stille Volk" überhaupt bedeutet und was es darstellt keine Antwort und sagt, dass jeder seine eigenen Schlussfolgerungen ziehen soll. "Es ist wohl auch von Bedeutung, dass wenn das stille Volk entkleidet wird, an dieser Stelle etwa tausend Kreuze verbleiben."
Die Fahrt ging immer weiter in südwestliche Richtung. Wir waren nur die ganze Zeit erstaunt, wie anders die Landschaft hier doch aussieht als in Russland: "Wildnis light" sozusagen. Es ist viel dichter besiedelt hier (dabei ist es im Verhältnis zu Deutschland ja immer noch total einsam) und der Wald wird fast überall, außer in den Nationalparks, bewirtschaftet. In Russland wird der Wald kaum bis gar nicht bewirtschaftet und wenn es auch nicht als Nationalpark ausgewiesen ist, so ist eigentlich das ganze Gebiet nördlich Petersburg Urwald.
Unser Platz für die Nacht
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